Bonn4Future – in 15 Jahren klimaneutral

(Von Dr. Gesa Maschkowski und Barbara Fricke)  Bonn soll bis spätestens 2035 klimaneutral werden. Dieser Entschluss wurde möglich, weil ganz unterschiedliche Parteien und Akteur*innen zusammengearbeitet haben. Diese Kooperation gilt es nun auszubauen. Denn eine klimaneutrale Stadt braucht nicht nur einen guten Plan.  Sie braucht alle. Damit das gelingt, brauchen wir ein gutes Miteinander….

Im Jahr 2019 hat die Stadt Beschlüsse gefasst, die vorher undenkbar waren. Am 4. Juli wurde der Klimanotstand ausgerufen. Am 7. November 2019 hat der Rat beschlossen, dass Bonn bis zum im Jahr 2035 klimaneutral wird. Das ist unser Beitrag dazu, dass wir das  Klimaschutzabkommen von Paris 2015 einhalten. Dieses Abkommen  ist völkerrechtlich verbindlich und wurde auch von Deutschland unterzeichnet. Die beteiligten Staaten haben sich darauf geeinigt, dass der Klimawandel auf einen Temperaturanstieg unter 2°C begrenzt werden muss. Wollen wir allerdings das 1,5 Grad Ziel erreichen, dann müssen wir noch mutiger werden. So stellte Prof. Dr.-Ing. habil. Volker Quaschning, Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin,  in einer öffentlichen Anhörung des Deutschen Bundestages Mitte 2019 fest.

Selbst wenn Deutschland bis zum Jahr 2035 klimaneutral werden würde, ist damit nicht mehr die von der Klimaforschung dringend empfohlene Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5 °C zu erwarten. Es ließe sich aber für Deutschland gerade noch der nötige Beitrag zum Einhalten des Pariser Abkommens erreichen, mit dem der Temperaturanstieg wenigstens noch unter 2 °C begrenzt werden könnte.“

Die Herausforderung:  was steht uns  bevor?

Mit den Maßnahmen, die in Bonn bislang umgesetzt wurden, hat die Stadt bis zum Jahr 2016 etwa 25 % CO2 eingespart, verglichen mit 1990. Das geht aus der CO2-Bilanz  hervor. Beim Verkehr steigen allerdings die Emissionen weiter. Und: Die Bilanz der Stadt bezieht sich nur auf den Endenergieverbrauch innerhalb der Stadt Bonn. Sie beinhaltet nicht die Emissionen, die durch unseren Konsum entstehen, zum Beispiel durch Flüge, durch Lebensmittel oder Produkte, die nicht in Bonn hergestellt werden. Es ist also davon auszugehen, dass unsere Gesamt CO2 Bilanz inklusive Flüge und Konsum deutlich schlechter ist.

Wenn wir den Beschluss der Stadt umsetzen wollen, dann müssen wir ab sofort ein Vielfaches an CO2 einsparen. Klimaneutral bis 2035 bedeutet, dass wir  unsere CO2 Emissionen jedes Jahr um mindestens 7 %reduzieren müssen. Wenn wir das 1.5 Grad Ziel einhalten wollen, dann müssen wir die CO2 Emissionen in Bonn sogar jedes Jahr  um 10 % senken (siehe Abbildung)

Grafik CO2-Emissionen in Deutschland
CO2-Emissionen in Deutschland. Rahmstorf, S: Wie viel CO2 kann Deutschland noch ausstoßen? Spektrum.de | SciLogs. https://scilogs.spektrum.de/klimalounge/wie‐viel‐co2‐kann‐deutschland‐noch‐ausstossen/

Für Umsetzung der Klimaneutralität finden sich im Beschluss des Bonner Rates Maßnahmen. Dazu gehören u.a.

  • eine klimaneutrale Energieversorgung mit einem stetig wachsenden Anteil lokal verfügbarer regenerativer Energiequellen.
  • energetische Sanierung der städtischen Bestandsbauten
  • Anreize für energieeffiziente Sanierung schaffen
  • Verringerung des benzin- oder dieselgetriebene Individualverkehrs, wo immer möglich
  • Erarbeitung einesLeitbilds „Bonn wird klimaneutral“ mit Maßnahmen für das Ziel, gemeinsam mit der Bürgerschaft und den städtischen Einrichtungen eine klimaneutralen Bilanz für Bonn spätestens im Jahr 2030 zu erreichen

Wenn wir diese Beschlüsse ernst nehmen, dann sieht Bonn im Jahr  2030/2035 tatsächlich anders aus. Es bedeutet, dass wir zum Beispiel

  • nur noch mit erneuerbaren Energien heizen,
  • keine Verbrennungsmotoren mit fossilem Brennstoff mehr in Bonnnutzen, dafür aber viel mehr Fahrrad fahren und zu Fuß gehen,
  • eine begrenzte Anzahl E-Autosteilen und damit ganz viel Platz schaffen, auf dem wirunsfrei und sicher bewegen können
  • unserenStromverbrauch bis dahinradikal gesenkt haben und diesen dann komplett mit erneuerbaren Energien decken
  • in jedem Stadtteil einen Bauern- und Handwerkermarkt haben und jedes Kind weiß, wie man Möhren anbaut, erntet und kocht
  • Verteilzentren haben,um regionale Lebensmittel anzuliefern und vorzuverarbeiten …
  • weniger kaufen, viel eparieren, tauschen und Schönes selber machen.

Eine neue Kultur der Zusammenarbeit

Um die neuen Klimaziele der Stadt umzusetzen, brauchen wir mehr als einen Maßnahmenplan. Wir brauchen klare Zwischenziele  für jedes Jahr und ein Monitoring, wo wir stehen. Die wichtigste Voraussetzung für den Umbau der Stadt ist abereine neue Kultur der Zusammenarbeit. Der Beschluss wurde geboren aus der Notwendigkeit, die Klimakatastrophe einzudämmen und die Grundlagen unseres Lebens nicht weiter zu gefährden. Er wurde möglich durch das Engagement vieler Gruppen und einer bisher seltenen Einigkeit der Parteien. Diese Form des Miteinanders brauchen wir nun einem großen Maßstab.  Der Wandel, der uns bevorsteht, wird nur möglich, wenn alle Akteure ihren Beitrag leisten.

Denn es gibt Prozesse, die liegen vornehmlich in der Verantwortung der Stadt. Das betrifft zum Beispiel die Neuorganisation unserer Mobilität. Es gibt aber auch Dinge, die Zivilgesellschaft und Stadt nur gemeinsam angehen können, zum Beispiel, wenn es darum geht, unsere Ernährungsversorgung nachhaltiger und regionaler zu gestalten. Es gibt außerdem Handlungsbereiche, die vor allem in den Händen der Bürger*innen liegen. Klimaneutral bis 2035, das heißt auch, dass wir unseren Lebensalltag neu organisieren müssen, vor Ort, wo wir leben und lernen und arbeiten. Hier ist mehr als Beteiligung, hier ist Mitwirkung erforderlich.

Dass die Bürger*innen für solche Prozesse bereit sind, zeigen zum Beispiel die Projekte, die Bonn im Wandel in acht Jahren angestoßen hat von Velowerft über solidarische Landwirtschaft. Das zeigen auch viele Nachhaltigkeitsinitiativen, Vereine und Netzwerke, der Weltladen, die Gemeinschaftsgärten, Märkte und Verteilstellen, … Diese guten Ansätze und Erfahrungen gilt es nun zu nutzen und zu vervielfältigen. Sie zeigen auch: Veränderung funktioniert am besten, wenn sie aus dem Herzen der Bürgerschaft kommt. So könnte die Klimakrise auch einen Wendepunkt markieren für ein neues Miteinander.

Wie wäre es, wenn wir die Chance ergreifen, unsere Stadt gemeinsam neu zugestalten? Wie wäre es, wenn jede*r das Gefühl hat, mit machen zu können und gebraucht zu werden? Wenn wir nicht mehr demonstrieren müssen, sondern gemeinsam unsere Meilensteine feiern auf dem Weg zur klimaneutralen Stadt?

Dr. Gesa Maschkowski , Bonn im Wandel e. V. und Barbara  Fricke
Der Text wurde erstmals veröffentlicht in der Bonner Umweltzeitung.

Foto: Paul Hennig von Abenteuer Lernen e.V, auf dem Weg zu Arbeit

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