Ein Photovoltaik-Bus der durch die Bonner Stadtteile tourt, im Gepäck alle Infos für die energetische Quartierssanierung? Schauspieler:innen, die im Theater Bonn die Große Transformation auf die Bühne bringen? Kids, die auf nachhaltigen Brettern im Skatepark elegant durch die Luft fliegen? Auf dem ersten Bonner Klimaaktionstag wimmelte es vor Ideen.
Über 150 Menschen aus rund 50 bürgerschaftlichen Initiativen waren zum Auftakt des Mitwirkungsverfahrens „Bonn4Future – Wir fürs Klima“ in der Grünen Spielstadt zusammengekommen. Menschen, die sich sonst nicht oft begegnen: Engagierte Bürger:innen und Vertreter:innen aus Verwaltung und Politik, Theaterschaffende und Unternehmer:innen, Studierende und Ingenieur:innen. Der Anlass: Bis 2035 will Bonn klimaneutral sein – so hat es der Bonner Stadtrat 2019 entschieden. Und so stand das „Wie“ im Mittelpunkt des Klimaaktionstages:
Wie machen wir Bonn klimaneutral, wie können wir gemeinsam wirksamer werden, wie mehr Menschen erreichen?
„Gegen die Klimakrise hilft kein Impfstoff, gegen die Klimakrise hilft nur: gemeinsam handeln“, betonte Oberbürgermeisterin Katja Dörner bei der Eröffnung. Luca Samlidis von FridaysForFuture machte Mut: „Die Technik ist da, der Wille ist da und diesen Willen müssen wir heute bei und nach dieser Veranstaltung in die Stadtgesellschaft reintragen und dann gelingt das auch.“ Dieser Wille war am Klimaaktionstag greifbar. Mit überwältigender Resonanz und Tatendrang diskutierten die Teilnehmenden in mehr als 30 Workshops über die nötigen Schritte einer klimaneutralen Stadttransformation in zahlreichen gesellschaftlichen Bereichen.
Ob die Energiewende im Veedel oder regionale Ernährung und urbane Landwirtschaft in Bonn, nachhaltige Mobilität für mehr Lebensqualität oder Ansätze einer zukunftsfähigen Postwachstumsökonomie, es wurde sehr breit und fundiert diskutiert.
Was waren die Highlights und Erkenntnisse?
Unsere zwei tollen Graphic-Recorder:innen Caroline Pochoin und Jannes Umlauf haben (fast) alle eurer Ideen festgehalten. Und wir waren beeindruckt, wie lang die Liste von möglichen Lösungen schon ist, die Lust machen auf die klimaneutrale Neugestaltung der Stadt:
(Graphic Recoding zum Reinzoomen)
Und das waren die zentralen Ideen, die diskutiert wurden um Bonn auf den Weg in Richtung Klimaneutralität zu bringen:
Vorschläge an Politik und Wissenschaft
- Die Bundestagswahl als Chance
- Neue Klimaschutzgesetze
- Bedürfnisse der Bürger:innen als Leitfaden
- Gesamtkonzepte statt Einzelmaßnahmen
- Unternehmen mitdenken
- Bewerbung der Stadt Bonn bei der EU-Mission 100 klimaneutrale Städte bis 2030
Ideen zur Stadtplanung
- Dezentrale Organisation und Versorgung
- Öffentliche Räume als Begegnungsorte
- Parkplätze zu Grünflächen
- Mehr Bepflanzung und Urban Gardening
- Die Stadt der kurzen Wege
Umgestaltung der Mobilität
- Kostenloser öffentlicher Nahverkehr
- Autofreie Stadt
- Radentscheid Bonn – besssere Fahrradinfrastruktur
- Mehr Lastenräder
- Keine Erweiterung von Straßen und Autobahnen
Zukunfsfähiges Wohnen
- Kauf von Grundstücken durch die Stadt
- Vergabe von Grundstücken als Erbpacht
- Unterstützung von gemeinschaftlichen Wohnprojekten
- Mehr Auflagen für Eigentümer:innen
- Unterstützung von ökologischen Bauweisen und ökologischer Sanierung
- Konzepte, um Wohnraum und Grund der Spekulation zu entziehen (z.B. Mietshäuser-Syndikat)
Klimafreundliche und gesunde Ernährung
- Mehr Kontakt zur Landwirtschaft
- EU-Subventionen verändern
- Faire Preise für die Erzeugenden
- Unterstützung von regionalen und saisonalen Bio-Erzeugnissen
- Solidarische Landwirtschaft und regionale Produktion
- Gutes Essen auch mit geringem Einkommen
Energiewende
- Quartierkonzepte für Wärmeversorgung (Nahwärme)
- Lokaler Klimafond zur Kompensation von Emissionen
- Sanierung statt Neubau
- Passivhäuser und neue Heizsysteme
- Dämmungskonzepte für Häuser
- Photovoltaik auf die Dächer
Bildung
- Transformative Kulturareit schaffen
- Zentrum für Ökologie und Umweltbildung
- Sensibilisieren und Perspektiven Wechseln
- Jugendarbeit und Sport
- Global Denken
Kommunikation
- Über den Tellerrand schauen
- Positive Erzählungen erarbeiten (Veränderung als Gewinn)
- Kooperationen eingehen und nutzen
- Keine Berührungsängste mit Zweifler:innen
- Vorbilder schaffen
- Mund-zu-Mund-Propaganda nutzen
- Bürger:innen-Anträge stellen
- Emotionen Raum geben
- Unterschiedliche Perspektiven vernetzen
Es mag sein, dass diese oder ähnliche Vorschläge dem einen oder der anderen nicht gefallen. Doch was wäre die Alternative? Weitermachen wie bisher kann keine Lösung sein, denn auch in Bonn werden die dramatischen Folgen der Klimakrise immer spürbarer, wie die Flutkatastrophe in unserer Region schmerzhaft zeigt.
Die nächsten Stationen: Klimaaktionstag goes Klimaforum
„In 15 Monaten treffen wir uns wieder“, sagte Gesa Maschkowski. „Und dann wollen wir wissen: Wer muss was tun, damit Bonn klimaneutral wird?“ Denn es wurde auch deutlich: Das Klima zu retten, geht nicht nebenbei. Es braucht einen Bonner Klimaplan. So fließen die Eindrücke vom Klimaaktionstag am 10. und 11. September in das erste von vier Klimaforen ein. Hier arbeiten 100 zufällig ausgewählte Bürger:innen gemeinsam mit rund 50 Vertreter:innen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen zusammen. Sie arbeiten an positiven Zukunftsbildern: Wie sieht Bonn aus, wenn wir 2035 in einer klimaneutralen und lebenswerten Stadt leben? Denn nur wenn wir wissen wo wir hinwollen, können wir den Weg auch gemeinsam gehen. Ideen können auch unter www.bonn-macht-mit.de/bonn4future diskutiert werden.
Bereits jetzt können sich Bonner Initiativen wie bereits viele andere engagierte Organisationen und Gruppen auf der Karte der Bonner Nachhaltigkeitsplattform eintragen: https://www.bonn4future.de/de/organisation-eintragen
Wie war der Klimaaktionstag für dich? Was hat dich am meisten beeindruckt, was danach beschäftigt, welche Ideen wachsen in dir weiter? Wir freuen uns über deine Rückmeldung – auch weil wir gerne weitere Stimmen des Klimaaktionstages nach außen tragen wollen. Melde dich gerne unter kontakt@bonn4future.de
Text: Christiane Kliemann, Alex Wernke