Warum Vielfalt glücklich macht und nachhaltiger Konsum scheitert

Was hat Bonn im Wandel mit Vielfalt zu tun?  –  wollte Claudia Könsgen wissen. Sie betreut den Blog der UN-Dekade Biologische Vielfalt. Sehr viel finde ich:  Denn wir setzen uns für eine vielfältige, nachhaltige Stadt- und Lebenskultur ein. Das macht glücklich, ist aber auch nicht immer ganz einfach, wie man am Beispiel der solidarischen Landwirtschaft sehen kann.  Mehr dazu im Interview…

Frau Maschkowski, Sie sind Ökotrophologin und Nachhaltigkeitswissenschaftlerin: Warum setzen Sie sich für die biologische Vielfalt ein?

G. Maschkowski: Mich fasziniert die Idee, dass ich dazu beitragen kann, die biologische Vielfalt zu regenerieren und vielleicht sogar zu verbessern. Ich erlebe das in unserem Garten: Meine Tochter hat ihn nach Permakulturprinzipien gestaltet. Es gibt dort viel Futter für Insekten, Vögel und auch für uns. Wenn dann eine blaue Holzbiene im Garten herumschwirrt, der Specht auf dem alten Holzstamm herumhackt oder ein Schwarm Distelfinken in den Sonnenblumen pickt, macht mich das glücklich.

Was bedeutet nachhaltiger Konsum von Lebensmitteln für Sie?

G. Maschkowski: Es gibt keinen nachhaltigen Konsum in einem nicht nachhaltigen System. Wir unterstützen daher Projekte, die Strukturen nachhaltig verändern, sei es bei der Lebensmittel- oder Energieversorgung. Wir beziehen z. B. unser Gemüse, Getreide und die Kartoffeln aus der SoLaWi (Solidarische Landwirtschaft Bonn/Rhein-Sieg e.V.). Das sind die Strukturen, die ich fördern möchte: vielfältig, fair und regional. Was dort nicht wächst, kaufe ich im Regio-Bioladen. Unsere Lebensmittel betrachte ich als Schlüssel und Ankerpunkt für die Gestaltung der Erde und die Förderung der Biodiversität. So wie wir mit unserem Essen umgehen, so gehen wir mit uns und mit der Erde um und allem, was darauf lebt. Das ist aus meiner Sicht ein schöner und auch genussvoller Ansatzpunkt, um die Dinge zum Guten zu verändern.

Könnten Sie uns die Initiative „Bonn im Wandel“ und die SoLaWi etwas genauer vorstellen?

G. Maschkowski: „Wir wissen genug, wir wollen etwas tun“: Das war das Motto, mit dem wir „Bonn im Wandel“ gegründet haben. Wir verstehen uns als Ideen- und Projektlabor, das Menschen zusammenbringt und Initiativen unterstützt, die unsere Stadt nachhaltig verändern wollen. So ist das Netzwerk „Essbare Stadt/Urbanes Gärtnern“ und die SoLaWi Bonn/Rhein-Sieg e.V. entstanden – eine verbrauchergetragene Wirtschaftsgemeinschaft. Auf zwei Betrieben arbeiten wir mit zehn Arbeitskräften in Teilzeit, um 200 Haushalte mit einer großen Vielfalt an Biolebensmitteln zu versorgen. Das gesamte Jahresbudget finanzieren die Mitglieder. Die SoLaWi ist ein lebendiges Beispiel für die verändernde Kraft von positiven Visionen und gemeinschaftlichem Handeln.

Was beschäftigt Sie gerade besonders?

G. Maschkowski: Am meisten beschäftigt mich die Frage, wie wir in unserer SoLaWi in Bonn die Balance schaffen zwischen Lebensmittelerzeugung und Förderung der Artenvielfalt. Und zwischen der Arbeitsbelastung der Mitarbeiter und der Finanzlast, die unsere Mitglieder tragen. Was der Staat besteuert, ist Arbeitskraft und nicht Naturverbrauch. Also werden Landwirte gezwungen, Arbeitskräfte einzusparen und Ressourcen und Natur zu verschwenden. Wer nicht auf Kosten der Natur wirtschaftet und dafür mehr Arbeitskraft braucht – so wie unsere SoLaWi –, wird durch unser Steuersystem bestraft. Das ist kein fairer Wettbewerb. Faktisch kosten konventionelle Lebensmittel durch ihre Umweltschäden mehr als biologische. Wollen wir in Deutschland die biologischen Flächen ernsthaft ausweiten, müssen auch auf politischer Ebene die Weichen anders gestellt werden.

Können wir denn durch unseren Konsum die Biodiversität fördern?

G. Maschkowski: Nein, ich glaube, das ist eine Illusion. Man kann den Menschen nicht vorschreiben, was sie konsumieren sollen. Man muss dafür sorgen, dass unser Lebensumfeld vielfältig und nachhaltig wird, sodass nachhaltiger Konsum keine Gutmenschentat ist, sondern einfach, schön und selbstverständlich. Ich kann von den Menschen nicht erwarten, dass sie Bioprodukte kaufen, wenn 95 % alle Lebensmittel hoch verarbeitet, weit gereist und weder fair noch bio sind, dafür aber billiger. Wir alle – Bürger und Politiker – können aber dafür sorgen, dass Bio zum Standard wird. Auch die Stadt muss sich ihrer Verantwortung als Konsumentin stellen. Wenn Städte sich entschließen, mehr Biolebensmittel in öffentlichen Kantinen einzusetzen, dann hat das einen sehr großen Effekt auf die Bioproduktion und Verarbeitung in der ganzen Region. In Kopenhagen liegt der Bioanteil in öffentlichen Verpflegungseinrichtungen mittlerweile bei 90 % und das praktisch ohne Mehrkosten. Das braucht natürlich Trainings und regionale Versorgungsstrukturen. Immerhin: Im Koalitionsvertrag steht, dass auch Bonn Biostadt werden will.

Hier gehts zum Orginalartikel

http://www.undekade-biologischevielfalt.de/aktuelle-themen/article///die-veraendernde-kraft-von-positiven-visionen-und-gemeinschaftlichem-handeln-bonn-im-wandel-mit/

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