Roberto Tinoco ist Agrarbiologe aus Honduras. Seine Liebe zum Gemüsebau hat ihn zur SoLaWi gebracht. Hier kümmert er sich mit Leidenschaft auch um den Ackerboden. In seinem Artikel erklärt er, was indigene Mikroorganismen sind, wie die Bodengruppe der SoLaWi das „Coole Kohlenstoff-Substrat“ zur Kompostierung hergestellt hat und warum indigene Mikroorganismen besser sind als effektive.
(von Roberto Tinoco) Seit 2 Jahren arbeitet das SoLaWi-Bodenteam auf dem Hof Grüsgen in Alfter an der Verbesserung des Bodens. Dieser Artikel beschreibt unsere Strategie, unsere ersten Erfolge und unsere Erwartungen . Ihr erfahrt, wie unsere Indigene Mikroorganismen Lösung nach drei Monaten Arbeitsprozess entsteht, von der Sammlung der Kräuter bis zur gesteuerten Fermentierung, warum wir es „Indigene Mikroorganismen Lösung“ nennen statt „Effektive Mikroorganismen“. Und welche anderen Innovationen bei uns im Gang sind wie zum Beispiel unser Kontiki-Meiler Platz zur Gewinnung von Biokohle. Wir sind außerordentlich froh, dass wir das alles jetzt selber herstellen können. Sind das richtige Schritte zur Schließung der Nährstoffkreisläufe? Bitte helft uns, das zu beurteilen.
Die folgende Abbildung erklärt, welche Aktivitäten zur Boden-Verbesserung seit 2016 auf unserem Hof praktiziert wurden. Dazu gehören kurzfristige Strategien wie Mulchen und Bodenbedeckung aber auch mittel- und langfristige wie Kompostierung oder Präparateeinsatz.
Was hat sich seitdem verbessert?
- Die Gründüngungs- (GD) Fläche und Direktsaat-Fläche hat zugenommen, so wurden z. B. Dicke Bohnen ohne vorherige Bodenbearbeitung in die Fläche gesät, in der vorher im Herbst Hafer als Gründüngung stand.
- Das Gelände und die Wege zwischen den Beeten werden überwiegend besät oder gemäht, kurz und grün gehalten aber nicht blank gehackt, d.h. Kräuter bleiben stehen.
- Die Fläche mit bodendeckenden Kulturen hat sich vergrößert, z. B. durch den Anbau von Kürbisgewächsen (Cucurbitaceae).
- Die Biostation auf dem Messdorfer Feld liefert 2 bis 3mal Jahr chemiefreies Pflanzenmaterial für Komposte oder fürs Mulchen
- Es wurde eine Anleitung und wichtige Hinweise für Kompostmieten von der Bodengruppe erarbeitet und in einem internen Feldteam+Bauern Workshop
vorgestellt.
- Es konnten schon zwei reife Kompostmieten in die Gründüngung Fläche von 2016 und in das Folienhaus ausgebracht werden. Beide Mieten sind älter als ein Jahr.
- Zwei weitere Mieten werden in die Fläche ausgebracht, auf der nun Starkzehrer wachsen.
- Einsatz der Grellinette (französische Grabegabel) zur Tieflockerung der Böden ohne Durchmischung der Bodenschichten. Das schont das Bodenleben.
- Neue Quellen von Küchen- und Garten-Resten stehen zur Verfügung; manche
Küchenabfälle von SoLaWi-Mitgliedern kommen bereits nach Bokashi Prinzipien vorbehandelt auf den Hof zurück. Das Interesse und Bereitschaft von den Mitgliedern ist nach dem letzten Kompost Workshop 2016 gestiegen.
- Von EMs zu IMO
Ein großer Schritt für uns ist, dass wir es endlich geschafft haben, eine eigene Effektive Mikroorganismen Lösung und Biokohle herzustellen. So könnten wir auch das Substrat, das in der Kompostierung von Küchenabfällen und in der Fermentierung mit Bokashi-Eimern angewendet wird, selber herstellen; Das Substrat wurde zum ersten Mal während des letzten Kompost- Workshops im Oscar Romero Haus verteilt. Bis jetzt haben wir das Substrat als EM Streu vom Markt gekauft. Dass nun auf dem Hof jetzt mindestens 16 x 10-Liter selbstgemachte Substrat-Eimer zur Verfügung stehen, ist ein großer Schritt! Wir sind sehr gespannt welche Ergebnisse unser Substrat beim Kompostieren bringt!
Was sind eigentlich EMs?
EM steht für Effektive Mikroorganismen. Sie werden normalerweise im Labor gezüchtet und unter Lizenz verkauft. Unsere Mikroorganismen- Lösung haben wir nach dem biodynamischem Ansatz vorbereitet , mit eigenen Kräutern aus der Umgebung. Daher haben ausschliesslich einheimische Mikroorganismen . In diesem Fall spricht man von einr IMO Lösung „Indigene Mikroorganismen Lösung“ statt „Effektive Mikroorganismen“. IMOs sind auch Patent-frei.
Und so entsteht unser Cooles-Stoff-Substrat
- Zuerst die Vorbereitung der IMO Lösung. Nach biodynamischen Prinzipien wird Anfang Frühling oder Herbst dafür empfohlen. Wir haben Pflanzenmaterial aus der Umgebung gesammelt, junge Blätter und Pflanzentriebe. Die Menge von zwei Schubkarren wurde zerkleinert und gestampft, und dann -stufenweise- in mehreren Wochen anaerob (ohne Luftzufuhr) mit Zucker fermentiert. Für mehr Details siehe bitte Bildreihe No. 1.
- Für die Herstellung von Biokohle haben wir am 5. Juni einen Boden-Kontiki Meiler gebaut. Biokohle ist ein wichtiger Bestandteil des Substrats, es erhöht die Bindekapazität von Nährstoffen in dem Substrat oder direkt im Kompost; später imBoden wirkt sie sich vorteilhaft auf Pflanzen, Bodenbiologie und Bodenstruktur. Details zur Herstellung in Bildreihe No. 2.
- Die Coole Stoff Mischung: …besteht aus 20 % IMO Lösung, 5 % Biokohle, 5 % Tonmehl und reifem, gesiebtem Kompost, gut 3 Schubkarren voll. Der Kompost ist etwa 1,5 Jahre alt. Die Laborergebnisse zeigen, dass der Kompost von diesen ersten Kompostmieten salzarm ist, daher eignet er sich für unterschiedliche Anwendungen. Die gesamte Mischung nennen wir „IMO Substrat“. Es enthält weniger als 10% Biokohle, und da alles selbst-hergestellt wurde, nennen wir es „Cooles-Stoff Substrat“. Es ist die Basis für die milchsaure Kompostfermentierung nach dem Bokashi-Prinzip. Details findet ihr in Bildrheihe No. 3
Und das sind unsere Fragen und Herausforderungen:
- Wie können wir den Stickstoff im durchlässigen Sandboden halten?
- Wie sieht die Humus und Biomasse Bilanz aus, welche Ansätze zur Berechnung gibt es und welche Parameter können wir beeinflussen?
- Wie viel Biomasse verbleibt beim Hacken im Boden, und was verschwindet?
- Mit welchen Parametern können wir das messen?
- Welche Quellen für Mist können wir noch erschließen
- Welche Transport Möglichkeiten gibt es?
Wir freuen uns auch über Feedback. Sind das richtige Schritte zur Kreislauf-Schließung? Roberto Tinoco und das Bodenteam rtinoxo{at]gmail.com
Bildreihe No. 1.: Herstellung der IMO Lösung
5. Mai 2017 Pflanzen und Zucker im Verhältnis 2:1 werden kräftig gestampft. Um die Masse unter die Oberfläche zu drücken, werden Steine aufgelegt und das Ganze für 2 bis 3 Wochen im geschlossenen Fass fermentiert.
12 Mai. 2017 Zugabe von Wasser
18. Mai 2017 Sechs Tage später ist eine weiße Schicht mit Milchsäurebakterien sichtbar (Laktobazillen)
19. Mai 2017: Das flüssige und feste Material wird getrennt, um eine reine Mikroorganismenlösung zu erhalten.
Das Ergebnis sind 30-40 Liter Indigene Mikroorganismen Lösung. Sie kann nun genutzt werden um das „coole Stoffsubstrat“ für die ´Bokashi-Kompost-Fermentierung herzustellen.
Bildreihe Nr. 2 Biokohle Herstellung
5. Juni 2017 Bau von unserem Kohle-Meiler. Dieser Meiler im Boden hat fast den gleichen Maßstab und dieselbe Trichterform wie ein gewöhnlicher Holzvergasungsofen (Kontiki Meiler) aus Blech. Das Model haben wir einem Projektbericht der Norwegian Life Science Uni und Partnerbauern aus Zambia entnommen (https://www.ngi.no/eng/Projects/Biochar).
Pyrolyse (Holzverkohlung) ; das Holzgas verbrennt. Ein Großteil des Kohlenstoff bleibt aber in der Kohle erhalten. Wenn man die Kohle kompostiert, dann steigt später, im Boden oder Kompost, die Bindekapazität für Nährstoffmoleküle; auch die verfügbare Anzahl an Hohlräumen für Mikroorganismen wird erhöht. Das fördert ihr Wachstum.
Biokohle Ernte
Bevor auch das Holz verbrennt wird das Feuer rechtzeitig abgelöscht, um die Kohle zu ernten.
15.06.2017 Die Biokohle wird mit improvisierten Werkzeugen zermörsert
Das Resultat: Eine grobe Struktur finde ich viel besser als ganz fein gemahlen. Grob hat auch mehr Anwendungsmöglichkeiten (z.B. im Hühnerstall ?)
Bildreihe Nummer 3 Herstellung des Bokashi-Substrates
17.07.2017 Die Basis des Trockensubstrates sind 3 Schubkarren alter reifer Kompost, die einundhalb Jahre gereift ist und gesiebt wurde.
Der Kompost wird gemischt mit 5 % Tonmehl und dann mit der flüssigen IMO-Lösung versetzt.
Auch 5 % Biokohle wird jetzt untergemischt. Sie wurde vorher in der IMO-Lösung gelöst, um sie zu aktivieren.
E. Vargas, Besucher aus El Salvador und Master- Student der Agrarökologie, Universidad de Sevilla, Spanien, rührt die Mischung kräftig.
Die erste Feuerprobe hat das Coole Stoffsubstrat schon bestanden: Seitdem der Hühnermist damit fermentiert wird, stinkt er nicht mehr!
Vielen Dank an meine Ausbilderin Lisa Schäfer für die tolle Begleitung meiner Arbeit 🙂
Literatur
- Oliver, Daniel. 2014. IMO selbst herstellen, www.wildkraut-ferment.de
- Rusch, Hans Peter. 2010. Bodenfruchtbarkeit – eine Studie biologischen Denkens. Organischer Landbau Verlag OLV
- Scheub, U., Pieplow, H. und H. Schmidt. 2014. Terra Preta, die schwarze Revolution aus dem Regenwald. Oekom Verlag