Irgendwann im September trudelte eine Mail von Alison Schultz, BUND-Jugend NRW bei uns ein: Sie suchte Arbeits- und Tauschprojekte für 10 Jugendliche, die in Bonn eine Woche ohne Geld leben wollten. So entstand unsere kleine Kooperation: zwei Blogartikel gegen SoLaWi-Mehl, das am Ende ein Pizzaboden wurde…
Von Alison Schulz
„Ohne Geld durch die Welt“ so lautete der Name unseres Experiments. „Eine Woche ohne Geld in Bonn leben“ war unser konkreter Plan. Dafür trafen wir uns während der Herbstferien im Oscar-Romero-Haus. Hier ein paar Momentaufnahmen.
Montag, 12.05 Uhr – Start
Wir sitzen gemeinsam in der Küche, die nicht ganz als solche erkennbar ist, da außer Pfannen, Töpfen und zwei Herden hier noch drei Sofas, 7 Matratzen, jede Menge Gesellschaftsspiele, und eine Nähmaschine stehen und eine aufgeregte Taube alle zwei Minuten über das Dachfenster schlittert. Ein paar von uns reisten mit der Bahn an, andere sind getrampt und nun sind wir im Dachgeschoss des Oscar-Romero-Hauses in Bonn angekommen. Alle sind etwas ratlos: Jetzt sitzen wir hier also, 11 Leute, die sich gegenseitig kaum kennen und die sich irgendwie gerade auch wenig zu sagen haben. Und mit diesen Leuten wollen wir jetzt eine Woche gemeinsam ohne Geld leben?! Manch einer bereut wohl schon, sich zu dem Workshop der BUNDJugend NRW angemeldet zu haben anstatt sich nette Herbstferien bei Oma zu machen…
Montag, 19.15 Uhr – Erste Erfolge
Drei von uns kommen mit zwei Kilo Kartoffeln, 20 Bananen und Äpfeln und drei Salatköpfen, die nicht mehr verkauft werden
konnten, vom Bioladen zurück. Die anderen haben schon Unmengen Nudeln mit vegetarischer Bolognese und Pesto gekocht und alle sind fröhlich am Essen. Nach der Sichtung der Lebensmittel, die wir noch von Zuhause mitgebracht hatten, hatten wir beschlossen, einfach mal durch die Stadt zu ziehen und zu schauen, wo wir uns Essen ertauschen, verdienen oder von dem bekommen konnten, was sonst für den Müll bestimmt wäre. Vom Ergebnis waren wir alle sehr positiv überrascht: Drei Teilnehmerinnen konnten einige Stunden als „Kurzzeitpraktikanten“ bei Alnatura arbeiten, andere „erarbeiteten“ sich bei Erstsemester-Spielen Lebensmittel; wieder andere tauschten ein schönes Glas gegen den leckersten Essig, den wir je gegessen haben.
Dienstag, 20.20 Uhr – Indische Gastfreundschaft
Der indische Geschäftsmann Vivek läuft emsig barfuß in unserer Küche hin und her und gibt Anweisungen, wie die Teigfladen gerollt und die Kartoffeln gewürzt werden müssen. Als Tausch gegen Mithilfe in seinem Büro kocht er nun indisch mit uns, eine Stunde später essen wir gemeinsam mit den Händen und Vivek erzählt uns von Indien, den Geschäften und vom Leben.
Den Tag über hatte sich jemand die Haare schneiden lassen, es wurden Briefmarken ertauscht, Räder repariert im Tausch gegen die Möglichkeit diese auszuleihen, ein Geschirrtuch gegen einen Apfel erstanden. Später beschäftigen wir uns gemeinsam mit dem Sinn und Unsinn des Geld- und Zinssystems.
Samstag, 16:00 – Ende des Experiments
Es ist Zeit zur Abreise. Kaum zu glauben, dass wir uns gegenseitig erst ein paar Tage kennen, kaum zu glauben, dass jetzt schon eine Woche rum ist und wir jetzt auf einmal wieder herausgerissen werden aus unserem wunderbaren geldlosen Leben in Bonn. Es bleiben Freundschaften, Gedanken, tausend Ideen zur Neugestaltung des Alltags und die Erinnerung. Die Erinnerung an „Ohne Geld durch die Welt“ – eine Woche voll besonderer Begegnungen, voll Überfluss, voll Freude am Beschenktwerden und Weitergeben; eine Woche in der keiner von uns seinen Geldbeutel auch nur eine Minute vermisst hat.