(Von Christiane Kliemann) Auf Einladung der Bonner Transition-Town-Initiative Bonn im Wandel kamen gut 120 Interessierte, die wissen wollten, wie eine Wirtschaft aussehen kann, die sich vor allem an den Grundbedürfnissen von Menschen orientiert. Eine Wirtschaft, die lokale Unternehmen und Produkte fördert und so ökologischen, sozialen und finanziellen Mehrwert in die Region bringt. So konnten die Teilnehmer/innen in zwei Vorträgen und einem Wochenendworkshop mehr über die englische Kleinstadt Totnes, die Wiege der Transition-Town-Bewegung, erfahren, die soziale, ökologische und traditionelle Unternehmen darin unterstützt, zu einer solchen Wirtschaft beizutragen. Unter den Besucher/innen waren Interessierte aus ganz Deutschland, von der Studentin bis hin zum Unternehmer.
Totnes: Bürgergetragenes Unternehmertum
Jay Tompt aus Totnes berichtete, wie in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern und Institutionen unter dem Namen REconomy ein Gesamtkonzept entwickelt wurde, in dem sich innovative Unternehmen aus Bereichen wie Lebensmittelversorgung, Energie, Renovierung und Gesundheit zum Nutzen der Region gegenseitig befruchten und fördern. Dies führe nicht nur zu einer besseren Lebensqualität der Bewohner, sondern mache die Region auch krisenfester (resilienter) und verbessere die Ökobilanz. Das jährliche Local Entrepeneur Forum gibt jungen Unternehmern die Möglichkeit, ihre Projekte den Bürgern zu präsentieren und auf diese Weise nicht nur finanzielle Mittel einzuwerben, sondern auch andere hilfreiche Dinge wie Zeit, Beratung, Mitagessen oder Massagen zu bekommen, die man als Start Up sehr gut gebrauchen kann. Investieren, so lernten die ZuhörererInnen kann viel mehr ein, als finanzielle Unterstützung.
Ist unsere Wirtschaft tatsächlich eine Ökonomie im Sinner aller?
Von Inez Aponte lernten die Zuhörer, dass das, was wir heute unter „Ökonomie“ verstehen, eigentlich „Krematistik“ heißen müsste, denn nach Aristoteles bedeute Ökonomie, den Haushalt so zu führen, dass der Nutzen für alle seine Mitglieder langfristig steigt Krematistik dagegen beschränke sich auf die kurzfristige Vermehrung von Geld. Darauf aufbauend führte sie das Konzept des chilenischen Ökonomen Manfred Max-Neef ein, das sich an neun Grundbedürfnissen des Menschen orientiere: Nämlich Subsistenz, Schutz, Zuwendung, Verständnis, Teilhabe, Muße, Kreativität, Identität und Freiheit. Reichtum, so Inez Aponte bedeute, dass wir nicht nur unseren Grundbedarf erfüllen sondern eine Wirtschaft gestalten, die allen diesen Bedürfnissen gerecht werden. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Frage stellen ob tatsächlich über Reichtum verfügen in unseren westlichen Gesellschaften.
REconomy Training – Know How für eine menschenfreundliche regionale Wirtschaft
In dem interaktiven Wochenendworkshop der beiden hatten die 23 Teilnehmer dann die Gelegenheit, anhand von Beispielen selber zu erarbeiten, welche Art von Unternehmen möglichst viele der Bedürfnisse auf intelligente Art befriedigt. Sie fanden heraus, dass dies überall da geschieht, wo verschiedene Menschen eingebunden sind und auf vielfältige Weise Kontakt entsteht. Und sie lernten den „lokalen Multiplikator-Effekt“ kennen, der besagt, dass Geld, das in lokalen unabhängigen Betrieben ausgegeben wird, einen viel größeren Mehrwert in die Region bringt als jenes, das in überregionale oder gar internationale Ketten fließt. Die zentrale Frage, die die Teilnehmer/innen dabei bewegte, war: Was können wir hier in Bonn tun, damit REconomy auf fruchtbaren Boden fällt? Vier Projektskizzen wurden im Laufe des Wochenendes erarbeitet, das Präventionszentrum in Leipzig steht schon in den Startlöchern.
Wir danken der Heinrich-Böll-Stiftung und der Leitstelle Klimaschutz der Stadt Bonn für die Unterstützung der Veranstaltungsreihe!