Klare Ansage im Bonner Rathaus: Konsumgesellschaft zurückbauen

Einmütig saßen sie nebeneinander im vornehmen Gobelinsaal des Bonner Rathauses: Der Oberbürgermeister, der peruanische Bergführer, hochrangige Vertreter von Kirchen und Stiftungen und Aktivist/innen der Transition- und Fossilfree-Bewegung. Nur manchmal knarrte eine Tür, ansonsten war es mucksmäuschenstill als Klaus Töpfer sagte: „Wirtschaftswachstum durch Konsum ist keine Option mehr“. …

Im Gegenteil: Töpfer sprach von einem kontrollierten und messbaren Rückbau in den Industrieländern, damit andere Länder eine Chance auf Entwicklung bekommen. Über 200 Gäste waren zur Abschlussveranstaltung  geladen, mit der die Jahrespartnerschaft von Germanwatch und der Stadt Bonn ausklang. Darunter Vertreter /innen des Stadtrats und der Stadtverwaltung, der Wirtschaft, der Kirchen, politischer Stiftungen und von Entwicklungsorganisationen. Der ehemalige Bundesumweltminister und Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) Klaus Töpfer hielt den Festvortrag. Die anwesenden Journalist/innen schrieben seitenweise mit. Töpfer sprach über die Bedeutung der Enzyklika „Laudato Si“. Papst Franziskus hatte sie Pfingsten 2015 erlassen. Sie gilt als Wendepunkt in der katholischen Kirchengeschichte. Franziskus fordert darin die Beendigung eines selbstmörderischen Lebensstils und ruft auf zum Dialog aller Kulturen über die Zukunft der Erde. Töpfer hinterfragte in seiner Rede den Technologieglauben unserer Gesellschaft. Ist es wirklich zielführend, wenn wir mit Hilfe von Technik dafür sorgen, dass die Umweltschäden der Technik behoben werden, fragte er. Und ist es tatsächlich Verzicht, wenn wir darüber sprechen, dass wir keine Zeit mehr für Freunde und Familie haben und die wichtigen Dinge des Lebens? Technik müsse dem Leben dienen und nicht umgekehrt.

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Saúl Luciano Lliuya. Foto: Germanwatch

Unter den Gästen befand sich auch der Peruaner Saúl Luciano Lliuya. Er ist Bergführer in den Anden. Seine Gemeinde wird zu den Verlierern der globalen Klimakatastrophe gehören. Das Schmelzen der Gletscher droht über kurz oder lang eine Sturzflut aus einem Schmelzwassersee auszulösen und die Lebensgrundlage der Menschen zu vernichten. Nun klagt er gegen den Energiekonzern RWE, der durch seine CO2-Emissionen eine deutliche Teilschuld am Klimawandel trägt. RWE bezeichnet sich selbst als den größten CO2-Einzelemittenten in Europa. „Wir erwarten mit Spannung den Ausgang des Gerichtsverfahrens“, sagte Oberbürgermeister Ashok Sridharan bei der Begrüßung. „Sollten Sie das Verfahren gewinnen dann wird das weltweit Folgen haben“. Mit Britta Siepmann war auch eine Vertreterin der internationalen Fossilfree-Kampagne unter den Gästen. Diese Bewegung setzt sich dafür ein, dass Unternehmen, Institutionen und Städte weltweit ihre Geldanlagen aus fossilen Industrien abziehen (Divestment). Vor wenigen Wochen erst hat sich die Synode der evangelischen Kirchen diesem Aufruf angeschlossen.

Die Veranstaltung war nicht nur ein würdiger Ausklang der Jahrespartnerschaft. Germanwatch ist es in diesem Jahr gelungen, brennende Fragen in den Rathaussaal zu tragen. Die Veranstaltung ist daher Meilenstein in der Debatte um eine große Gesellschaftstransformation auch in Bonn. Vielleicht markiert sie sogar einen Wendepunkt in der Kommunikationskultur dieser Stadt. Das hängt von der Gesprächsbereitschaft aller Anwesenden ab. Vielleicht braucht es auch gerade eine nicht religiös gebundene Organisation wie Germanwatch, um die unterschiedlichen Akteure an den Tisch zu holen. Der politische Geschäftsführer von Germanwatch Christoph Bals hat der Enzyklika ein eigenes Analysepapier gewidmet. Und vielleicht werden wir in einigen Jahren auf dieses Ereignis zurückblicken und uns fragen: Warum musste eigentlich ein peruanischer Bergführer dafür sorgen, dass deutsche Energiekonzerne für ihre Umweltschäden zur Verantwortung gezogen werden?

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v.l.n.r: Klaus Milke, Germanwatch, Klaus Töpfer, Ashok Sridharan, Christoph Bals, Germanwatch. Foto: Germanwatch

Text: Gesa Maschkowski,  Fotos: Germanwatch

Zur Enzyklika des Papstes: http://w2.vatican.va/content/francesco/de/encyclicals/documents/papa-francesco_20150524_enciclica-laudato-si.html
Über die Veranstaltung und das Hintergrundpapier von Germanwatch https://germanwatch.org/de/11933
Pressemitteilung zur Veranstaltung: https://germanwatch.org/de/13186

Bei deutschen Kirchen tut sich was!

 

 

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